Unzutreffende Angaben zu den Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag können den Versicherer berechtigen, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Dies gilt selbst dann, wenn der Versicherungsnehmer den Makler über seine Krankheitsgeschichte informiert hat, dieser jedoch die Angaben nicht in den Antrag aufgenommen hat. Anhand eines Urteils des Oberlandesgerichts (OLG) Düsseldorf zur Krankenversicherung wird erläutert, wann die Arglist des Maklers dem Versicherungsnehmer zugerechnet wird und welche Konsequenzen dies für die Haftung des Maklers und dessen Berufshaftpflichtversicherung hat.
Beratung zum Krankenversicherungsschutz
Ein Versicherungsnehmer war seit 2007 privat krankenversichert. Im Jahr 2010 wurden bei ihm Herzprobleme diagnostiziert. 2011 nahm der Makler einen neuen Antrag für eine Krankenversicherung bei einem anderen Versicherer auf, wobei er die relevanten Gesundheitsfragen verneinte und die Herzprobleme des Versicherungsnehmers, die 2010 diagnostiziert wurden, nicht angab.
Kündigung und Neuabschluss mit falschen Gesundheitsangaben
Nachdem der Antrag eingereicht wurde, kündigte der Makler den bestehenden Krankenversicherungsvertrag des Versicherungsnehmers. Der neue Versicherer akzeptierte den Antrag und schloss den neuen Vertrag ab. Der Versicherungsnehmer erhielt eine Kopie des Antrags und bemerkte die fehlenden Angaben zu seinem Gesundheitszustand. Auf Nachfrage beim Makler wurde der Versicherungsnehmer dazu angehalten, den neuen Versicherungsvertrag zu widerrufen und die Kündigung des alten Vertrags ebenfalls rückgängig zu machen. Der alte Versicherer lehnte den Widerruf jedoch ab, sodass der neue Versicherer den Vertrag weiterführte.
Versicherungsnehmer ohne Krankenversicherungsschutz
Im Jahr 2014 gab der Versicherungsnehmer eine Selbstauskunft über seine bereits bestehenden Herzkrankheiten ab. Als Reaktion darauf focht der neue Versicherer den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an, trat davon zurück und forderte die bis dahin erbrachten Leistungen vom Versicherungsnehmer zurück. Der Versicherungsnehmer klagte gegen diese Entscheidung, blieb jedoch erfolglos. Das OLG Düsseldorf wies die Klage ab (Urteil vom 10.03.2017, Az. I-4 U 191/15).
Daraus folgte, dass der Versicherungsnehmer 4.167,37 Euro an den Versicherer zurückerstatten musste und er rückwirkend seit 2011 keinen Krankenversicherungsschutz hat.
Falsche Angaben im Antrag
Der Antrag des Versicherungsnehmers für die neue Krankenversicherung war fehlerhaft ausgefüllt. Das Oberlandesgericht (OLG) stellte fest, dass es sich um „grob falsche Angaben“ handelte, da bestimmte Gesundheitsfragen fälschlicherweise mit „Nein“ beantwortet wurden, obwohl „Ja“ hätte eingetragen werden müssen.
Makler als Sachwalter des Versicherungsnehmers
Hätte der Versicherungsnehmer dem Makler gegenüber selbst die falschen Angaben gemacht, wäre der neue Versicherer in jedem Fall berechtigt gewesen, den Vertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten. Da jedoch der Makler die falschen Angaben machte, war entscheidend, ob dessen Handeln dem Versicherungsnehmer gemäß § 166 BGB zugerechnet wird oder ob der Makler als „Dritter“ im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB anzusehen ist.
Wäre der Makler als „Dritter“ zu betrachten gewesen, hätte der Versicherungsnehmer von der Täuschung durch seinen Makler tatsächlich Kenntnis haben oder zumindest Kenntnis haben müssen (§ 123 Abs. 2 BGB), damit der neue Versicherer den Vertrag erfolgreich anfechten könnte. Als „Dritter“ gelten nur Personen, die unter keinem rechtlichen Anhaltspunkt dem Versicherungsnehmer als Empfänger der Anfechtung zuzurechnen sind.
Makler nicht als „Dritter“ angesehen
Laut OLG ist der Makler kein „Dritter“, da er als Versicherungsmakler und nicht als Versicherungsagent tätig war. Der Makler hatte dem Versicherungsnehmer mindestens zwei verschiedene Krankenversicherungsangebote von unterschiedlichen Versicherern unterbreitet und war zudem bevollmächtigt, die bestehende Krankenversicherung zu kündigen. Dadurch war der Makler in die Sphäre des Versicherungsnehmers eingebunden und für den neuen Versicherer wirkte es so, als hätte der Makler die Erklärung des Versicherungsnehmers lediglich weitergeleitet und fungierte somit als dessen Bote. Da der Makler im Antrag als „Vermittler“ bezeichnet wurde, stand er aus Sicht des Versicherers im Lager des Versicherungsnehmers.
Hinweis: Der Makler verwendete die Antragsformulare des Versicherers. Dies dient ausschließlich der organisatorischen Abwicklung und stellt sicher, dass die Gesundheitsfragen gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 VVG als Fragen des Versicherers betrachtet werden. Der Makler wechselte dadurch jedoch nicht in das Lager des Versicherers, sondern blieb im Lager des Versicherungsnehmers.
Zurechnung der Täuschung durch den Makler an den Versicherungsnehmer
Der Makler hat im Interesse des Versicherungsnehmers zunächst diesen selbst getäuscht, indem er vorgab, die Gesundheitsfragen im Versicherungsantrag korrekt beantwortet zu haben. In Wahrheit gab der Versicherungsnehmer dadurch eine unzutreffende Erklärung ab. Im nächsten Schritt täuschte der Makler dann den neuen Versicherer arglistig, indem er die Vorerkrankungen des Versicherungsnehmers verschwieg. Das OLG stellte fest, dass dem Makler bewusst war, dass der Versicherer den Vertrag entweder abgelehnt oder nur unter erschwerten Bedingungen angenommen hätte, hätte er die wahren Umstände gekannt. Diese Täuschung wird dem Versicherungsnehmer zugerechnet.
Folgen für den Makler
Durch die Täuschung konnte der neue Versicherer den Vertrag erfolgreich anfechten, was zur Folge hatte, dass der Versicherungsvertrag von Anfang an als nichtig galt (§ 142 Abs. 1 BGB). Der Versicherungsnehmer könnte die entstandenen Kosten im Wege des Schadenersatzes vom Makler zurückfordern, sofern ein begründeter Haftungsanspruch besteht. Ob dieser Anspruch vorliegt, hängt von den genauen Umständen des Falls ab und kann ohne weitere Details nicht abschließend beurteilt werden. Sollte ein Haftpflichtanspruch bestehen, dürfte es sich für den Versicherungsmakler jedoch als schwierig gestalten, diesen von seiner Berufshaftpflichtversicherung erstattet zu bekommen. Bei arglistigen Täuschungen durch den Makler liegt der Verdacht einer wissentlichen Pflichtverletzung nahe, die in der Regel vom Versicherungsschutz ausgeschlossen ist. Auch hier hängt die endgültige Beurteilung von den genauen Sachverhalten ab.