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Der erste Teil des Selbstbestimmungsgesetzes ist am 1. August 2024 in Kraft getreten und am 1. November 2024 wird es das Transsexuellengesetz vollständig ablösen.

 

  1. Die Stammdaten müssen angepasst werden

§ 6 Abs. 1 SBGG legt fest, dass im Rechtsverkehr der jeweils aktuelle Geschlechtseintrag und der jeweils aktuelle Vorname maßgeblich ist, sofern auf die personenstandsrechtliche Geschlechtszuordnung oder den Vornamen Bezug genommen wird und keine anderslautenden gesetzlichen Regelungen bestehen. Das bedeutet, dass der Versicherer seine Stammdaten entsprechend anpassen muss. Sobald er von der Änderung des Personenstands erfährt (in der Regel durch einen Hinweis des Versicherungsnehmers), ist er verpflichtet, den Versicherungsnehmer fortan mit dem geänderten Namen und unter der aktualisierten Geschlechtsbezeichnung anzusprechen.

 

  1. Alte Daten müssen nicht korrigiert werden

Der Versicherungsnehmer hat keinen Anspruch aus Art. 16 DSGVO auf Berichtigung der Daten, die vor der Personenstandsänderung erfasst wurden. Die Personenstandsänderung hat keine rückwirkende (ex tunc) Wirkung, sodass die „alten“ Daten weiterhin als sachlich korrekt gelten.

Tipp für die Praxis: Es ist jedoch § 13 Abs. 1 SBGG zu beachten: Wenn die Geschlechtsangabe und Vornamen einer Person nach § 2 geändert wurden, dürfen die vor der Änderung eingetragenen Daten nur mit der Zustimmung der betroffenen Person offenbart oder ausgeforscht werden. Verstöße können nach § 14 SBGG mit Bußgeldern in Höhe von bis zu zehntausend Euro geahndet werden.

 

  1. Alte Daten müssen nicht gelöscht werden

Ebenso hat der Versicherungsnehmer hat auch keinen Anspruch auf Löschung der älteren Daten. Dies folgt insbesondere nicht aus Art. 17 Abs. 1 DSGVO. Wie dargelegt, sind die alten Daten nicht falsch, sondern werden erst ab dem Zeitpunkt der Änderung des Personenstandseintrags beim Standesamt unrichtig. Sie werden auch nicht rückwirkend unzutreffend. Daher greift ein Löschungsanspruch aufgrund einer rechtswidrigen Datenverarbeitung gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. d) DSGVO nicht. Auch das SBGG verpflichtet nicht zur Löschung der alten Daten, weshalb Art. 17 Abs. 1 lit. e) DSGVO ebenfalls nicht anwendbar ist.

Tipp für die Praxis: Der Versicherer kann jedoch als besondere Schutzmaßnahme die im Alltagsgeschäft nicht mehr benötigten alten Daten getrennt speichern und den Zugriff darauf einschränken.

 

  1. Versicherer muss die Datenverarbeitung nicht einschränken

Da der Versicherungsnehmer kein Recht auf Löschung oder Berichtigung seiner alten Daten hat, besteht auch kein Recht auf Einschränkung der Verarbeitung der Daten gem. Art. 18 DSGVO. Der Versicherer muss die Datenverarbeitung nicht einschränken.

 

  1. Alte Daten dürfen nicht an Vermittler weitergegeben werden

Sind dem Vermittler die alten Daten nicht bekannt, dürfen sie aufgrund des Offenbarungsverbots gem. § 13 SBGG nicht an ihn weitergegeben werden. Eine Ausnahme von diesem Verbot besteht nur, wenn der Vermittler ein rechtliches Interesse glaubhaft darlegt.

                Wenn dem Vermittler die alten Daten schon bekannt waren, dürfen sie auch an ihn weitergegeben werden.

 

  1. Bestimmte Dokumente müssen umgeschrieben werden

Gemäß § 10 Abs. 2 SBGG kann der Versicherungsnehmer verlangen, dass bestimmte Dokumente mit dem geänderten Geschlechtseintrag und Vornamen neu ausgestellt werden. Dies gilt, wenn die Dokumente Angaben zum Geschlecht / zum Vornamen enthalten und zur Aushändigung an den Versicherungsnehmer bestimmt sind. Allerdings muss der Versicherungsnehmer ein berechtigtes Interesse glaubhaft machen. Dieses berechtigte Interesse besteht beispielsweise beim Versicherungsschein, der im Schadenfall vorzuzeigen ist.

                Tipp für die Praxis: Das Dokument ist dann als Ersatz- oder Zweitschrift unter dem aktuellen Datum neu auszustellen. Der Grund für die Neuausstellung darf dabei nicht genannt werden.

 

  1. Auskunftsanspruch gem. Art. 15 DSGVO

Gemäß Art. 15 DSGVO kann der Versicherungsnehmer vom Versicherer eine Auskunft darüber verlangen, ob und wenn ja, welche ihn betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet werden. Das Offenbarungsverbot (§ 13 SBGG) ändert daran nichts; der Versicherer muss diese Auskünfte weiterhin erteilen. Falls der Versicherungsnehmer den Auskunftsanspruch durch einen Bevollmächtigten geltend macht, sollte die Auskunft trotzdem direkt an den Versicherungsnehmer übermittelt werden. Auf diese Weise lassen sich mögliche Konflikte mit dem Offenbarungsverbot nach § 13 SBGG und den dazugehörigen Bußgeldvorschriften vermeiden.