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Immer wieder beanstanden Versicherungsmakler, dass sie bei einem Maklerwechsel keine Mitteilungen über eine Stornogefahr vom Versicherer bekommen hätten und aufgrund dessen keine Möglichkeit hatten, den gefährdeten Vertrag nachzuarbeiten, um ihren Courtageanspruch geltend zu machen. Grund für diese Überlegung sind die handelsvertreterrechtlichen Schutzbestimmungen des § 87a Abs. 2 und 3 HGB. Diese Bestimmungen gelten jedoch in der Regel nur für Versicherungsvertreter und nicht unmittelbar für Versicherungsmakler, die oft eine andere Rolle und Stellung im Vertragsverhältnis haben.

 

Schutznormen für Versicherungsvertreter im HGB

Wenn ein Versicherungsvertrag, den ein Versicherungsvertreter vermittelt hat, in Schwierigkeiten gerät, sei es durch drohende Stornierung oder durch Probleme beim Einzug der Prämien, ist der Versicherer verpflichtet, Maßnahmen zur Abwendung der Stornogefahr zu treffen. Dazu gehört entweder die Durchführung eigener Maßnahmen oder die Übersendung einer Stornogefahrmitteilung, die dem Vertreter die Möglichkeit gibt, den Vertrag nachzubearbeiten und seine Courtageansprüche zu sichern (BGH, Urteil vom 28.06.2012, Az. VII ZR 130/11, Abruf-Nr. 122324).

 

Keine direkte Anwendung auf Makler

Diese Schutzregelungen für Versicherungsvertreter, die auf § 87a Abs. 3 und § 92 Abs. 2 HGB basieren, finden im Maklerrecht keine direkte Anwendung. Versicherungsmakler sind nach der ständigen Rechtsprechung nicht in derselben Weise wie Vertreter schutzwürdig, da sie in der Regel als treuhänderische Sachwalter ihrer Kunden agieren und nicht im Auftragsverhältnis zum Versicherer stehen.

 

Hinweis: Der vom BGH aufgestellte Grundsatz zur Stornogefahrmitteilung und Nachbearbeitung nach § 87a Abs. 3 und § 92 Abs. 2 HGB findet Anwendung auf das Rechtsverhältnis zwischen einem Makler und seinen Untervertretern.

 

Ausnahme: Stornogefahrmitteilungen an Makler in einzelnen Fällen

Der BGH erkennt jedoch in bestimmten Fällen eine Pflicht des Versicherers an, Stornogefahrmitteilungen an Makler zu senden, wenn diese in ähnlicher Weise wie Vertreter schutzbedürftig sind (BGH, Urteil vom 01.12.2010, Az. VIII ZR 310/09, Abruf-Nr. 110310). Dies kann zutreffen bei:

  • regelmäßigen Courtagevorschüssen,
  • Eingliederung in die Organisationsstruktur des Versicherers sowie
  • Zahlung von Organisationszuschüssen oder Bestandspflegegeld.

 

Das OLG Hamm hat zudem festgestellt, dass eine analoge Anwendung von § 87a Abs. 3 HGB in Betracht kommen kann, wenn der Makler ähnlich wie ein abhängiger Vermittler in die Struktur des Versicherers integriert ist (OLG Hamm, Urteil vom 21.01.1999, Az. 18 U 109/98, Abruf-Nr. 99447). Dies gilt vor allem, wenn

  • der Versicherer ein Agenturkonto für den Makler führt,
  • Versicherer und Makler in einer regelmäßigen Geschäftsbeziehung zueinander stehen,
  • der Makler Courtagen vorschüssig erhält,
  • die Courtagezahlungen einen Großteil an den Courtageeinnahmen des Maklers ausmachen.

 

Auch eine an Treu und Glauben orientierte Auslegung der Vereinbarungen zwischen Versicherer und Makler kann im Einzelfall zu einer Pflicht des Versicherers zur Stornogefahrmitteilung führen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.04.1997, Az. 24 U 115/95, Abruf-Nr. 99424).

 

Sonderfall: Stornogefahrmitteilungen im Maklerpool

Auch im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen einem Maklerpool und einem Versicherungsmakler stellt sich die Frage, ob der Pool Stornogefahrmitteilungen an den Makler senden muss. Laut des BGH trifft dies zu, wenn der Makler in die Kooperation mit dem Pool ähnlich eingebunden ist wie ein Versicherungsvertreter (BGH, Urteil vom 08.07.2021, Az. I ZR 248/19, Abruf-Nr. 224072). Dies ist insbesondere der Fall, wenn:

  • laufende Courtagevorschüsse für vermittelte Verträge gezahlt werden,
  • der Makler in die Organisationsstruktur des Pools integriert ist,
  • Organisationszuschüsse oder Bestandspflegegeld gezahlt werden,
  • Regelmäßig Stornomitteilungen versendet werden.

 

Diese Mitteilungen können unter Umständen dann entbehrlich sein, wenn von Beginn an keine erfolgversprechende Bearbeitung möglich gewesen wäre, zum Beispiel bei Zahlungsunfähigkeit des Kunden oder wenn das versicherte Interesse nicht mehr besteht.