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Eine pauschale Behauptung des Versicherungsnehmers, der Versicherungsmakler habe ihn fehlerhaft beraten, genügt nicht, um erfolgreich Schadenersatz einzuklagen. Der Versicherungsnehmer ist verpflichtet, die Falschberatung zu beweisen. Das Fehlen einer Beratungsdokumentation ändert nichts an dieser Beweislast, wie das OLG Hamm festgestellt hat. Der nachfolgende Fall verdeutlicht zudem die Bedeutung einer gründlichen Dokumentation.

 

Eine Frau schloss über einen Versicherungsmakler einen Rentenversicherungsvertrag ab und zahlte einmalig 10.000 Euro sowie sieben monatliche Beiträge von jeweils 150 Euro an den Versicherer. Später widerrief sie den Vertrag und focht ihre Willenserklärung an.

Die Frau argumentierte, dass die Beratung durch den Versicherungsmakler unzureichend war. Insbesondere sei sie im Beratungsgespräch nicht über alternative Optionen zur betrieblichen Altersvorsorge (bAV) informiert worden. Diese Option wurde nur kurz erwähnt, und da ihr damaliger Arbeitgeber keine bAV anbot, glaubte sie, dass eine solche für sie nicht relevant sei. Erst später erfuhr sie, dass eine bAV ihre monatliche Rente hätte erhöhen können. Konkrete Nachweise für diesen Vorteil legte sie jedoch nicht vor.

 

Versicherungsnehmer scheitert in allen Punkten

Laut dem OLG hatte die Frau keinen Anspruch auf Rückerstattung der geleisteten Prämien oder auf Schadenersatz (OLG Hamm, Beschluss vom 28.06.2019, Az. 20 U 70/19).

Der Anspruch auf Rückzahlung der Prämien entfiel, da die Frau die Widerrufsfrist überschritten hatte und kein ausreichender Anfechtungsgrund vorlag.

Auch einen Schadenersatzanspruch konnte die Frau nicht erfolgreich geltend machen, da sie keine ausreichenden Beweise für eine Pflichtverletzung des Maklers vorlegen konnte.

 

Keine Pflichtverletzung des Maklers

Das OLG stellte fest, dass der Makler seinen Pflichten zur Bedarfsermittlung, Beratung und Dokumentation gemäß §§ 60 und 61 VVG ordnungsgemäß nachgekommen ist. Bei Verletzung dieser Pflichten wäre der Makler gemäß § 63 VVG verpflichtet gewesen, den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen.

Im vorliegenden Fall hatte der Makler die Lebenssituation und Zukunftsvorstellungen der Frau gründlich ermittelt und sie entsprechend beraten. Besonders besprochen wurde die Möglichkeit einer beruflichen Auszeit für die Familiengründung, die der Frau wichtig war.

Die Frau behauptete, der Makler habe für den ermittelten Bedarf nicht den optimalen Versicherungsschutz empfohlen. Das OLG entschied jedoch, dass sie nachweisen muss, welche spezifischen Beratungs- oder Aufklärungspflichten der Makler verletzt hat. Da dies nicht gelungen ist und der Makler plausibel darlegte, dass eine betriebliche Altersvorsorge aufgrund der geplanten Unterbrechung der Berufstätigkeit für die Frau ungeeignet gewesen wäre, war kein Anspruch auf Schadenersatz gegeben.

 

Pauschale Behauptungen genügen nicht

Der bloße Hinweis der Versicherungsnehmerin, dass der vom Makler empfohlene Vertrag in der Rentenphase monatlich um 75,95 Euro weniger vorteilhaft sei als eine Privatrente, reicht nicht aus, um eine Pflichtverletzung des Maklers nachzuweisen. Die Versicherungsnehmerin führte zwar an, dass dieser Nachteil durch Vorteile in der Ansparphase ausgeglichen worden sei, unterließ jedoch eine umfassende wirtschaftliche Analyse. Daher konnte das OLG nicht erkennen, inwiefern ein alternativer Vertrag insgesamt vorteilhafter gewesen wäre.

 

Fehlende Beratungsdokumentation befreit Versicherungsnehmer nicht von der Beweislast

Das Fehlen einer Beratungsdokumentation führt nach Ansicht des OLG nicht dazu, dass die Versicherungsnehmerin von der Beweislast befreit ist. Zwar kann das Fehlen der Dokumentation zu einer Erleichterung der Beweisführung oder sogar zu einer Beweislastumkehr führen, jedoch betrifft dies nur die Frage, ob eine bestimmte Beratung stattgefunden hat. Wenn sich ein Hinweis von wesentlicher Bedeutung nicht aus der Dokumentation ergibt oder diese gänzlich fehlt, kann der Vermittler für seine Behauptung, er habe in bestimmter Weise beraten, beweisbelastet sein (so bereits der BGH, Urteil vom 13.11.2014, Az. III ZR 544/13).

Im vorliegenden Fall behauptete die Versicherungsnehmerin pauschal, der Makler hätte sie umfassender über die betriebliche Altersvorsorge (bAV) informieren müssen, da diese im Vergleich zum empfohlenen Rentenversicherungsvertrag bessere Absicherungsmöglichkeiten geboten hätte. Der Makler wies dies zurück und erklärte, dass eine bAV aufgrund der geplanten Berufspausen der Versicherungsnehmerin nicht passend gewesen wäre. Daher lag es laut OLG an der Versicherungsnehmerin, konkret nachzuweisen, welche Vorteile ein anderer Vertrag gebracht hätte und wie sich ihre wirtschaftliche Situation im Vergleich zum tatsächlichen Vertrag dargestellt hätte.

Hinweis: Die Verletzung der Dokumentationspflicht des Maklers hatte in diesem Fall keine rechtlichen Konsequenzen für ihn, da die Dokumentationspflicht zwar unstrittig verletzt wurde, aber nicht die Ursache für den von der Versicherungsnehmerin geltend gemachten Schaden war. Da der Makler keine Pflichtverletzung begangen hatte, bestand insgesamt kein Anspruch der Versicherungsnehmerin.

 

Relevanz des Urteils für die Praxis

Wie bereits in früheren Urteilen deutlich wurde, trägt der Versicherungsnehmer die grundlegende Beweislast, wenn er dem Makler eine Pflichtverletzung unterstellt. Dieser Fall unterstreicht zudem die entscheidende Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation für den Makler. Wenn der Makler im vorbezeichneten Fall seine Beratung und Produktempfehlung ordnungsgemäß dokumentiert hätte, wäre es wahrscheinlich nicht zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung gekommen. Die Erstellung eines detaillierten Beratungsprotokolls kann zwar zeitaufwendig sein, verringert jedoch den Aufwand für ein potenzielles Gerichtsverfahren erheblich. Eine umfassende und gewissenhafte Dokumentation, idealerweise mit der Unterschrift des Versicherungsnehmers, bietet dem Makler sowohl juristisch als auch kaufmännisch einen erheblichen Vorteil. Wichtige Aspekte, die in der Dokumentation festgehalten werden sollten, umfassen:

  • Anlass und Motivation des VN
  • Konkreter Inhalt der Beratung
  • Individuelle Risikosituation des Kunden
  • Informationen über das Versicherungsprodukt in Bezug auf die Risikosituation
  • Geeignetheit und Nachhaltigkeit bei Versicherungsanlageprodukten
  • Neben den Prämien/Beiträgen entstehende Kosten
  • Wesentliche Obliegenheiten des VN
  • Deckungsumfang
  • Ausschlüsse, insbesondere wenn sie vom VN abgewählt wurden
  • Gründe bzw. Begründung für die Empfehlung des Maklers