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Urkundenfälschung in der Versicherungsvermittlung – Risiken, Folgen und rechtliche Konsequenzen

1. Einordnung des Themas

Die Versicherungsvermittlung ist ein stark regulierter Bereich, der auf Vertrauen, korrekten Angaben und rechtssicheren Dokumenten basiert. Kommt es im Rahmen der Anbahnung oder Durchführung von Versicherungsverträgen zur Urkundenfälschung, hat dies erhebliche strafrechtliche, zivilrechtliche und berufsrechtliche Konsequenzen – sowohl für Kunden als auch für Vermittler.

Urkundenfälschung betrifft dabei nicht nur klassische gefälschte Dokumente, sondern auch veränderte, unvollständige oder inhaltlich falsche Unterlagen, sofern sie im Rechtsverkehr verwendet werden.

2. Was ist Urkundenfälschung?

Nach § 267 Strafgesetzbuch (StGB) begeht eine Urkundenfälschung, wer

  • eine unechte Urkunde herstellt,
  • eine echte Urkunde verfälscht oder
  • eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht, um im Rechtsverkehr zu täuschen.

Eine Urkunde ist dabei jede verkörperte Gedankenerklärung, die

  • zum Beweis im Rechtsverkehr geeignet und bestimmt ist und
  • ihren Aussteller erkennen lässt.

3. Typische Fälle von Urkundenfälschung in der Versicherungsvermittlung

Im Versicherungsumfeld können u. a. folgende Dokumente betroffen sein:

a) Versicherungsanträge

  • Manipulierte Gesundheitsangaben
  • Nachträglich geänderte Antragsdaten (z. B. Einkommen, Beruf, Risikoangaben)
  • Unterschriftenfälschung durch Vermittler oder Dritte
  • Rückdatierung von Anträgen

b) Gewerbeanmeldungen und Unternehmensunterlagen

  • Gefälschte oder manipulierte Gewerbeanmeldungen
  • Unzutreffende Angaben zur selbstständigen Tätigkeit
  • Verwendung nicht existierender Firmenadressen

c) Aufenthaltstitel und Identitätsdokumente

  • Vorlage gefälschter Aufenthaltserlaubnisse
  • Abgelaufene oder manipulierte Ausweisdokumente
  • Nutzung fremder Identitäten

d) Adress- und Wohnsitzangaben

  • Scheinadressen zur Risikoverbesserung
  • Falsche Angaben zur Meldeadresse
  • Umgehung regionaler Tarifvoraussetzungen

4. Strafrechtliche Konsequenzen

a) Für Kunden

Kunden, die gefälschte oder verfälschte Unterlagen einreichen oder solche bewusst verwenden, machen sich regelmäßig strafbar wegen:

  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB)
    Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahre
  • ggf. Betrug (§ 263 StGB), wenn der Versicherer getäuscht wird
  • ggf. Versicherungsbetrug in besonders schweren Fällen

Zusätzlich drohen:

  • Strafverfahren mit Vorstrafen
  • Ermittlungen durch Staatsanwaltschaft
  • Eintrag im Führungszeugnis

b) Für Vermittler

Für Versicherungsvermittler sind die Folgen meist noch gravierender:

  • Strafbarkeit wegen Urkundenfälschung
  • Mittäterschaft oder Beihilfe, wenn der Kunde zur Fälschung angeleitet oder diese geduldet wurde
  • Gewerbsmäßiger Betrug, wenn systematisch vorgegangen wird

Strafverschärfend wirken:

  • besondere Vertrauensstellung
  • berufliche Verantwortung
  • Wiederholungstaten

5. Zivilrechtliche Konsequenzen

a) Auswirkungen auf den Versicherungsvertrag

Wird eine Urkundenfälschung bekannt, kann der Versicherer:

  • den Vertrag anfechten (§ 123 BGB – arglistige Täuschung)
    → Vertrag gilt rückwirkend als nichtig
  • vom Vertrag zurücktreten
  • die Leistung vollständig verweigern
  • bereits gezahlte Leistungen zurückfordern

Der Kunde verliert damit häufig jeglichen Versicherungsschutz, auch rückwirkend.

b) Schadensersatzansprüche

  • Versicherer können Schadensersatz verlangen
  • Vermittler haften ggf. persönlich für:
    • Vermögensschäden
    • Rückabwicklungen
    • Prozesskosten

6. Berufsrechtliche und aufsichtsrechtliche Folgen für Vermittler

Neben Straf- und Zivilrecht drohen Vermittlern zusätzliche Konsequenzen:

  • Widerruf der Erlaubnis nach § 34d GewO
  • Eintrag im Vermittlerregister
  • Kündigung von Anbindungen durch Versicherer
  • Verlust der Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung
  • Ausschluss aus Pools und Vertriebsorganisationen

In der Praxis bedeutet dies oft das Ende der beruflichen Tätigkeit als Versicherungsvermittler.

7. Prävention und Verantwortung

Um Urkundenfälschung zu vermeiden, sind klare Grundsätze entscheidend:

  • Vollständige und wahrheitsgemäße Angaben
  • Keine nachträglichen Änderungen ohne Dokumentation
  • Identitäts- und Plausibilitätsprüfung
  • Schriftliche Aufklärung der Kunden
  • Ablehnung problematischer Fälle

Vermittler tragen eine besondere Sorgfalts- und Prüfpflicht, da sie als Bindeglied zwischen Kunde und Versicherer fungieren.

8. Fazit

Urkundenfälschung im Kontext der Versicherungsvermittlung ist kein Kavaliersdelikt. Sie kann für Kunden den vollständigen Verlust des Versicherungsschutzes bedeuten und für Vermittler strafrechtliche Verurteilungen sowie das berufliche Aus nach sich ziehen. Transparenz, Sorgfalt und rechtstreues Verhalten sind daher unerlässlich – nicht nur aus rechtlicher Sicht, sondern auch zur Wahrung des Vertrauens in die Versicherungsbranche.