https://www.aerzteblatt.de berichtet:
Die Pflegeversicherung in Deutschland steht vor erheblichen Finanzierungsproblemen. Ein Gutachten von Heinz Rothgang und Dominik Domhoff der Universität Bremen, im Auftrag des Bündnisses für eine solidarische Pflegevollversicherung erstellt, empfiehlt eine Kombination aus Vollversicherung und Bürgerversicherung, um diese Probleme zu lösen. Hier sind die Hauptpunkte des Gutachtens:
1. Finanzierungsprobleme: Die Pflegeversicherung weist ein doppeltes Finanzierungsproblem auf. Zum einen steigen die Eigenanteile der Pflegebedürftigen kontinuierlich, was zu Sozialhilfeleistungen führt. Zum anderen weisen die Finanzen der Pflegeversicherung seit ihrer Einführung Probleme auf, die immer sichtbarer werden.
2. Strukturelle Einnahmeschwäche: Die Alters-, Geschlechter- und Risikostruktur der Privatversicherten ist günstiger, was bedeutet, dass die Ausgaben der Sozialen Pflegeversicherung (SPV) pro versicherter Person doppelt so hoch sind wie die der Privaten Pflegeversicherung (PPV). Lediglich Einkommen aus Arbeit bis zur Beitragsbemessungsgrenze wird für die Beitragsbemessung der SPV berücksichtigt, was die Gesamtsumme der beitragspflichtigen Einnahmen langsamer wächst als das Bruttoinlandsprodukt (BIP).
3. Vorschlag zur Lösung: Die Autoren schlagen eine Kombination aus Vollversicherung und Bürgerversicherung vor. Eine alle Kosten abdeckende Vollversicherung könnte den Eigenanteil effektiv begrenzen, aber sie würde auch die Ausgaben erhöhen und die bestehenden Finanzierungsprobleme verstärken. Deshalb wird eine Bürgerversicherung vorgeschlagen, die alle Einkommensarten in die Beitragsbemessung einbezieht und so eine Vollversicherung ohne Beitragssteigerungen finanzieren könnte.
4. Praktische Auswirkungen: Die Eigenanteile der Pflegebedürftigen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Eine aktuelle Erhebung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) zeigt, dass die Eigenanteile Ende 2024 bei 2.424 Euro im bundesdeutschen Durchschnitt lagen. Die Gesamtkosten für einen Heimplatz betrugen durchschnittlich 4.701 Euro, was etwa 1.500 Euro höher lag als 2017.
5. Politische Reaktionen: Das Gutachten wurde von verschiedenen politischen und gesellschaftlichen Gruppen positiv aufgenommen. Die mecklenburgisch-vorpommersche Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) begrüßte das Gutachten und betonte die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform der Pflegeversicherung. Der Verband der Privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) kritisierte den Vorschlag, da er die explodierenden Kosten der demografischen Alterung ignoriere und das Umlageverfahren nicht lösen würde.
Insgesamt wird die Pflegeversicherung in Deutschland dringend einer Reform bedürfen, um die Finanzierungsprobleme zu lösen und eine solidarische Absicherung der Lebensrisiken zu gewährleisten[1][4][5].
Mehr dazu auf: https://www.aerzteblatt.de Gutachten: Vollversicherung in der Pflege ohne Eigenanteile möglich – Deutsches Ärzteblatt