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Tippgeber in der Versicherungsvermittlung: Wann Umsätze umsatzsteuerfrei sind – und wann nicht

Versicherungsvermittler arbeiten in der Praxis häufig mit sogenannten Tippgebern zusammen oder treten selbst neben ihrer Vermittlungstätigkeit als Tippgeber auf. Dabei werden etwa Kundenkontakte an spezialisierte Vermittlerkollegen weitergegeben oder Interessenten über einen Link auf der eigenen Website direkt zu einem Versicherer geführt. In diesem Zusammenhang stellt sich regelmäßig die Frage, wie diese Kontaktvermittlungen umsatzsteuerlich zu behandeln sind – insbesondere abhängig davon, ob der Tippgeber selbst Versicherungsvermittler ist oder nicht.

Begriff und rechtliche Einordnung der Tippgebertätigkeit

Die Tätigkeit eines Tippgebers beschränkt sich darauf, Abschlussmöglichkeiten für Versicherungsverträge aufzuzeigen oder den Kontakt zwischen einem potenziellen Versicherungsnehmer und einem Versicherer oder Versicherungsvermittler herzustellen. Eine solche Tätigkeit stellt keine Versicherungsvermittlung im Sinne des § 34d GewO dar. Sie gilt lediglich als vorbereitende Handlung und zielt nicht auf eine konkrete Willenserklärung zum Abschluss eines bestimmten Versicherungsvertrags ab.

Sobald der Tippgeber jedoch über konkrete Versicherungsprodukte berät oder bei der Antragstellung für ein bestimmtes Produkt unterstützt, liegt keine reine Tippgebertätigkeit mehr vor.

Wer Tippgeber sein kann – gewerberechtliche Einordnung

Grundsätzlich kann jede Person als Tippgeber tätig werden – unabhängig davon, ob sie Versicherungsvermittler ist oder nicht.

  • Versicherungsvermittler sind stets Gewerbetreibende. Üben sie zusätzlich eine Tippgebertätigkeit aus, ist hierfür keine separate Gewerbeanmeldung erforderlich.
  • Nicht-Versicherungsvermittler benötigen keine Erlaubnis nach § 34d GewO. Ob eine Gewerbeanmeldung nach § 14 GewO erforderlich ist, hängt jedoch von Umfang und wirtschaftlicher Bedeutung der Tätigkeit ab.

Eine Gewerbeanmeldung wird regelmäßig erforderlich, wenn die sogenannte gewerberechtliche Bagatellgrenze überschritten wird. Diese gilt in der Praxis als überschritten bei mehr als sechs vermittelten Kontakten pro Jahr oder bei Provisionseinnahmen von über 1.000 Euro jährlich. Unterhalb dieser Grenze besteht keine Anzeigepflicht.

Hinweis: Versicherungsnehmern, versicherten Personen oder Bezugsberechtigten darf für Tippgeberleistungen in eigener Sache grundsätzlich keine Provision gewährt werden. Dies würde gegen das Sondervergütungs- und Provisionsabgabeverbot verstoßen.

Umsatzsteuerfreiheit für Versicherungsvermittler

Die Umsätze aus der Tätigkeit als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler sind nach § 4 Nr. 11 UStG von der Umsatzsteuer befreit. Diese Steuerbefreiung gilt jedoch nur für typische Vermittlungstätigkeiten, insbesondere:

  • die Vermittlung von Versicherungsverträgen,
  • die damit verbundene Beratung vor Vertragsschluss sowie
  • die Betreuung nach Vertragsabschluss.

Abgrenzung: Versicherungsvermittlung und andere Tätigkeiten

Zur steuerfreien Versicherungsvermittlung gehört es, Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzuführen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist Voraussetzung für die Steuerfreiheit, dass der Vermittler sowohl zum Versicherer als auch zum Versicherungsnehmer in einer Beziehung steht.

Nicht steuerfrei sind hingegen Tätigkeiten, die nicht zum typischen Berufsbild des Versicherungsmaklers gehören, etwa:

  • entgeltliche Rechtsberatung,
  • rein kaufmännische Dienstleistungen wie das Ordnen von Versicherungsunterlagen oder
  • das Erstellen eines Versicherungsstatus ohne inhaltliche Bewertung.

Diese Leistungen unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer.

Versicherungsvermittler als Tippgeber

Erhält ein Versicherungsvermittler eine Provision dafür, dass er einem anderen Vermittler einen Kunden zuführt, ist diese sogenannte Zuführungsprovision nach § 4 Nr. 11 UStG umsatzsteuerfrei. Der BFH begründet dies damit, dass auch die Suche und Zuführung potenziell interessierter Personen eine wesentliche Funktion der Versicherungsvermittlung darstellt.

Dabei ist es unschädlich, dass der Tippgeber nicht selbst an der weiteren Vertragsvorbereitung oder an administrativen Tätigkeiten beteiligt ist. Entscheidend ist allein die gezielte Zusammenführung der potenziellen Vertragsparteien.

Der BFH stellt zudem klar, dass Vermittler ihre Tätigkeiten organisatorisch aufteilen dürfen, ohne dadurch ihre Steuerbefreiung zu verlieren.

Abgrenzung zu sonstigen Dienstleistungen

Die Steuerfreiheit gilt ausdrücklich nur für Tippgeber, die selbst Versicherungsvermittler sind. Tätigkeiten wie Backoffice-Leistungen, Schadenbearbeitung oder reine Werbemaßnahmen bleiben auch weiterhin umsatzsteuerpflichtig, da ihnen der spezifische Bezug zu einzelnen Vermittlungsgeschäften fehlt.

Tippgeber ohne Vermittlerstatus

Ist der Tippgeber kein Versicherungsvermittler und beschränkt sich seine Tätigkeit auf das bloße Sammeln oder Weitergeben von Kundendaten, ist diese Tätigkeit grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig. Der BFH ordnet solche Leistungen der Tätigkeit eines Werbeagenten zu, da sie nicht die wesentlichen Funktionen einer Versicherungsvermittlung erfüllen.

Überschreitet ein solcher Tippgeber die gewerberechtliche Bagatellgrenze, handelt es sich bei den Provisionen um steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Allerdings kann in vielen Fällen die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG greifen, sodass keine Umsatzsteuer erhoben wird, sofern die gesetzlichen Umsatzgrenzen eingehalten werden und keine Option zur Steuerpflicht erfolgt ist.

Erweiterte Tippgebertätigkeit ohne Vermittlerstatus

Auch wenn ein Nicht-Versicherungsvermittler gezielt Interessenten für bestimmte Versicherungssparten identifiziert und diese an einen Vermittler weiterleitet, unterliegen die daraus erzielten Provisionen grundsätzlich der Umsatzsteuer. Die steuerliche Behandlung entspricht in diesen Fällen der klassischen Tippgebertätigkeit ohne Vermittlerstatus.

Versicherungsberater als Tippgeber

Für Versicherungsberater gilt die Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG nicht – auch nicht entsprechend. Einnahmen aus einer zulässigen Tippgebertätigkeit unterliegen daher grundsätzlich der Umsatzsteuer. Auch hier kann allerdings die Kleinunternehmerregelung Anwendung finden, sofern die Umsatzgrenzen nicht überschritten werden.

Vergleichsrechner, Leadgenerierung und Online-Modelle

Betreiber von Vergleichsrechnern im Internet generieren Leads, indem sie Nutzerdaten erfassen und diese an Versicherungsvermittler weiterverkaufen. Verfügt der Betreiber über eine Vermittlererlaubnis, handelt es sich regelmäßig um steuerfreie Versicherungsvermittlung, da gezielt Interessenten mit Versicherern zusammengeführt werden.

Fehlt eine Vermittlererlaubnis, gilt auch hier die Einordnung als steuerpflichtige Werbeleistung.

Click-Out-Vergütungen von Makler-Websites

Erhalten Makler eine Vergütung allein dafür, dass Nutzer von ihrer Website auf die Angebotsseite eines Versicherers weitergeleitet werden (sogenannter Click-Out), handelt es sich nicht um eine steuerfreie Vermittlungsleistung. Mangels konkreten Bezugs zu einem Vertragsschluss liegt vielmehr eine umsatzsteuerpflichtige Werbeleistung vor.

Tabellarische Übersicht: Tippgeber & Umsatzsteuer in der Versicherungsvermittlung

Fallkonstellation Status des Tippgebers Art der Tätigkeit Umsatzsteuerliche Behandlung Besonderheiten / Hinweise
Klassische Versicherungsvermittlung Versicherungsvermittler (§ 34d GewO) Beratung, Vermittlung, Betreuung Umsatzsteuerfrei (§ 4 Nr. 11 UStG) Berufsbildprägende Tätigkeit
Zuführungsprovision (Tippgeber = Vermittler) Versicherungsvermittler Benennung / Zuführung von Interessenten an anderen Vermittler Umsatzsteuerfrei Kernfunktion der Vermittlung
Organisationsaufteilung (Haupt- / Untervermittler) Versicherungsvermittler Aufteilung der Vermittlungsleistung Umsatzsteuerfrei Steuerliche Neutralität
Honorarberatung Versicherungsvermittler Entgeltliche Rechts- oder Honorarberatung Umsatzsteuerpflichtig Keine typische Maklertätigkeit
Kaufmännische Dienstleistungen Versicherungsvermittler Ordnen, Sichten, Status ohne Bewertung Umsatzsteuerpflichtig Kein Vermittlungsbezug
Reine Tippgebertätigkeit (gelegentlich) Nicht-Versicherungsvermittler Kontaktbenennung, Datenerhebung Umsatzsteuerpflichtig, ggf. Kleinunternehmer Gewerbeanmeldung abhängig von Bagatellgrenze
Tippgeber über Bagatellgrenze Nicht-Versicherungsvermittler Regelmäßige Kontaktvermittlung Umsatzsteuerpflichtig Betriebseinnahmen
Nicht-Vermittler als Kleinunternehmer Nicht-Versicherungsvermittler Tippgebertätigkeit Keine USt-Erhebung (§ 19 UStG) Umsatzgrenzen beachten
Erweiterte Tippgebertätigkeit (z. B. Leads nach Profilen) Nicht-Versicherungsvermittler Zielgerichtete Leadgenerierung Umsatzsteuerpflichtig Einordnung als Werbeleistung
Versicherungsberater als Tippgeber Versicherungsberater Tippgeberschaft Umsatzsteuerpflichtig § 4 Nr. 11 UStG nicht anwendbar
Vergleichsrechner / Leadplattform mit § 34d-Erlaubnis Vermittler Leadgenerierung mit Vermittlungsbezug Umsatzsteuerfrei Zusammenführung VN und Versicherer
Vergleichsrechner ohne § 34d-Erlaubnis Kein Vermittler Leadverkauf Umsatzsteuerpflichtig Werbeagenten-Rechtsprechung
Click-Out von Makler-Website Versicherungsvermittler Weiterleitung ohne qualifizierte Daten Umsatzsteuerpflichtig Reine Werbeleistung
Tippgeber = VN / versicherte Person Versicherungsnehmer selbst Eigene Tippgeberschaft Unzulässig Verstoß gegen Provisionsabgabeverbot